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Skigebiets-Rekorde: Europas weiße Extreme

Bankenkrise, Schuldenkrise, Eurokrise - dem Thema Europa kann man momentan nicht entrinnen. Frust oder Lust hängen beim Betrachten der alten Welt indes von der Perspektive ab. Wer den Blick statt in die finanziellen Abgründe in die Gipfelwelt des Kontinents richtet, der wird faszinierende und außergewöhnliche Ziele für den nächsten Ski- oder Snowboard-Urlaub entdecken. Hier sind die Spitzenreiter in neun Disziplinen zwischen Atlantik und Ural.

Das Größte: Portes du Soleil

Nicht nur beim Fußball ist der Europameister auch der Weltmeister. Nur dass bei den Skigebieten Frankreich (im Verbund mit der Schweiz) und nicht Spanien in beiden Wettbewerben die Nase vorn hat. Die Portes du Soleil, das länderübergreifende Skiareal zwischen Genfer See und den Dents du Midi, sind das größte Skigebiet der Welt. Wer im schweizerischen Torgon in die Bindung steigt und über Chätel und Avoriaz bis zur La Rosta oberhalb der französischen Station Les Gets schwingt, der hat knapp 26 Kilometer Luftlinie zurückgelegt. Entlang dieser Strecke reihen sich 194 über Pisten miteinander verbundene Lifte auf - beides ist Weltrekord. Ob diese Anlagen wirklich die beworbenen 650 km Pisten erschließen, sei dahingestellt. Mehr als genug für eine, zwei oder drei Wochen Skiurlaub sind es allemal.

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Das Höchste: Zermatt

Zwischen Juni und Oktober finden Nimmermüde auf dem Plateau Rosa oberhalb von Zermatt das größte Pistenangebot in Europa. Zermatt ist eines der wenigen verblieben Ganzjahres-Skigebiete der Alpen. Das auch in den Sommermonaten umfangreiche Pistenangebot ist der großen Höhe gedankt: bis auf 3899 m führen zwei Schlepplifte an der Goba di Rollin. Im Winter sind die zwar nicht in Betrieb, die in 3820 m Höhe gelegene Bergstation der Seilbahn auf das Kleine Matterhorn reicht aber immer noch locker für Platz eins in der Kategorie "Höhe über dem Meer". Dort oben starten dann einige der längsten präparierten Skipisten der Welt: Nach Zermatt sind es 2186 Höhenmeter, nach Valtournenche auf der italienischen Seite des Matterhorn Ski Paradise sogar 2214. Beide Pisten sind rund 13 Kilometer lang.

Das Anspruchsvollste: La Grave

Auch La Grave, ein kleines Bergdorf unterhalb der Fels- und Eiskatarakte der majestätischen, 3983 m hohen La Meije, spielt in der elitären Liga der Skigebiete mit mehr als 2000 Höhenmetern. Besondere Exklusivität erlangt es dadurch, dass diese Höhenmeter nicht auf präparierten Pisten zurückgelegt werden können - kein einziger davon. Noch dazu ist das Gelände steil, von Felsen durchsetzt und im unteren Bereich schütter bewaldet. Kein Wunder, dass La Grave das Dorado von Freeridern aus aller Welt ist. Hier ist die Szene unter sich und muss die Gondel nicht mit Schönwetterskifahrern, AprEs-Ski-Proleten oder Prosecco-Schlürfern teilen. Die Limitierungen des Terrains haben zudem dafür gesorgt, dass La Grave eines der wenigen noch authentischen Skidörfer in Frankreich geblieben ist. Wenn man dann noch per Telemarkski durchs freie, ungespurte Gelände pflügt, ist das wie eine Zeitreise zurück zu den Ursprüngen des Sports.

Das Schneereichste: Damüls

Damals waren ja angeblich, neben allem anderen, auch die Winter noch besser. Wer einmal so viel Schnee erleben will, wie ihn die Großeltern natürlich immer hatten, wer also Wintermärchenträume wahr werden lassen will, der sollte ins regelmäßig am tiefsten verschneite Bergdorf Europas (und der Welt!) reisen: nach Damüls im Bregenzerwald. Die atlantischen Tiefausläufer passieren auf ihrem Weg nach Damüls den Bodensee, saugen sich dort mit Feuchtigkeit voll, prallen auf die 2095 m hohe Mittagsspitze und entladen ihre weiße Pracht geradezu explosionsartig. Das bringt dem Dorf rund 9,30 Meter Schneefall pro Winter. Bis zur Dachkante der Wälderhäuser reichende Schneedecken von drei Meter sind keine Seltenheit. Die offenen Almhänge an der Mittagsspitze bieten Tiefschneefans reichlich Gelegenheit, die Schneemassen auch skifahrerisch auszukosten.

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Das Schneeärmste: Hedeland

Von so viel Schnee kann das Hedeland Skicenter nur träumen. Ein wahr gewordener Traum ist es aber trotzdem. Den träumten die Mitglieder des Skiclubs von Roskilde, das eher für sein Rockfestival und das Wikingermuseum bekannt ist. Als in der Nähe eine große Kiesgrube ihren Betrieb aufnahm, baten sie deren Betreiber, doch einen Berg aufzuschütten. Er tat es, und 1987 eröffnete das Hedeland Skicenter, mit drei Liften und 45 Höhenmetern Dänemarks größtes Skigebiet. Seither läuft der Betrieb ausschließlich auf Basis freiwilligen Engagements der 800 Clubmitglieder, Skikurse für Kinder sind kostenlos. Umso bedauerlicher, das Frau Holle diesen Einsatz nicht belohnt: Viele Saisons enden nach zwei oder drei Betriebstagen - und das trotz der vier Schneekanonen.

Das Nördlichste: Longyearbyen

Etwas weiter oben in Skandinavien - genauer gesagt: auf 78 Grad und 12 Minuten nördlicher Breite - muss man sich wegen des Schnees nicht wirklich Gedanken machen. Das 120 Meter lange Schleppseil am südlichen Ortsrand von Longyearbyen ist der nördlichste Skilift der Welt, die schneefreie Zeit dauert hier nur sechs Wochen. Dunkel ist es länger: Vom 26. Oktober bis zum 16. Februar ist die Sonne nicht zu sehen, von Mitte November bis Ende Januar bleibt sie mehr als sechs Grad unter dem Horizont, es bleibt also stockfinster. Die Orientierung auf der kurzen Piste beeinträchtigt das nicht, schließlich gibt es Flutlicht. Dumm ist nur, dass man die Eisbären im Dunkeln so schlecht sieht.

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Das Sonnigste: Sierra Nevada

4669 Kilometer weiter südlich gibt's Sonne satt. Die Sierra Nevada in Andalusien verbucht mit 1400 Stunden allein im Winterhalbjahr so viel Sonne wie das Ruhrgebiet im ganzen Jahr. Dank der Höhenlage von bis zu 3315 Metern dauert die Saison aber trotzdem bis Mai, wenn an den nur 75 Minuten entfernten Stränden der Costa del Sol längst Badetemperaturen herrschen. Das Mittelmeer kann man von der Bergstation am Pico Veleta verheißungsvoll glitzern sehen, an ganz klaren Tagen reicht der Blick bis zum Rif-Gebirge in Afrika. Auf 37 Grad südlicher Breite ist auf den Schnee allerdings kein Verlass, weswegen 31 der insgesamt 105 Pistenkilometer technisch beschneit werden.

Das Jüngste: Bukovel

Nicht nur im sonnigen Süden, auch im kontinentalen Osten können die Winter trocken ausfallen. Daher hat man in Bukovel, was den Schnee angeht, ebenfalls keine halben Sachen gemacht. Das Skigebiet liegt etwa auf halbem Weg zwischen Wien und Kiew in den westukrainischen Waldkarpaten und wurde 2006 durch den Bau von sieben neuen Sesselbahnen in nur einem Sommer zum größten Skigebiet Osteuropas ausgebaut. Sämtliche 48 Kilometer Abfahrten werden beschneit. Auch sonst ist Bukovel auf der Höhe der Zeit: Wireless-Internet im ganzen Skigebiet, Kreditkartenakzeptanz in den Berghütten, VIP-Zugang am Lift für Neureiche, die sich den Zuschlag auf den Skipass leisten mögen.

 

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Das Ärmste: Parnassos

Leisten würde man sich neue Lifte und schicke Schneekanonen auch am Parnassos ganz gern. Die meisten Aufstiegshilfen in Griechenlands größtem Skigebiet stammen aus den 70er Jahren. Nur sind die Zeiten, in denen man Dinge auch dann anschaffte, wenn man sie sich nicht leisten konnte, in Unternehmen des griechischen Staates vorerst vorbei. Hellas ist schließlich das am höchsten verschuldete Land des Kontinents. Es wäre schade, wenn der Skibetrieb am Parnassos einer Staatspleite zum Opfer fiele, denn das Areal mit seinen 16 Liften bietet 35 Kilometer vielseitiger Abfahrten, ein Panorama bis zum Golf von Euböa und liegt direkt oberhalb des antiken Delphi. Mit der allerdings auch für das dortige Orakel zu kniffligen Frage, ob man besser diesen Winter schnell noch hinreist, um einer Schließung zuvor zu kommen, oder besser warten sollte, bis Griechenland die Drachme wieder einführt und die Preise dahin schmelzen, wären wir dann doch wieder beim aktuellen Thema Nummer eins in Europa.

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Autor: Christoph Schrahe

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erstellt am 25 Nov 2011

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