Der Winter neigt sich langsam dem Ende zu. Deshalb blickt die Wintersportbranche auf die Skisaison 2021/2022 zurück und zieht Bilanz. Nach den anfänglichen Unsicherheiten zu Beginn des Winters, ob und unter welchen Bedingungen die Skigebiete überhaupt öffnen dürfen, zeigten sich zahlreiche Vertreter der Branche bei einer Video-Konferenz durchaus zufrieden und blicken optimistisch in die Zukunft.
„Wir sind zufrieden“ – so lautete die allgemeine Stimmung beim digitalen Austausch der Wintersportbranche im März 2022. Die Initiative „Dein Winter. Dein Sport.“ hatte zum Saisonabschluss erneut Vertreter aus dem Tourismus, den größten deutschen Skiverbänden und der Sportartikelindustrie sowie Profisportler zu einer Video-Konferenz eingeladen. Unter dem Motto „Motivation Wintersport“ ging es auch darum, wie es mit der Branche weitergeht und welche Veränderungen die Corona-Krise nach sich ziehen wird.
Eine Auflistung aller Redner findest du am Ende des Artikels.
Positive Entwicklung
War man im Sommer 2021 noch zuversichtlich (wir berichteten), mussten die Skigebiete kurz vor dem Saisonstart erneut bangen. Die Sorge, dass die Skisaison ein zweites Mal ausfallen könnte, war vor dem Winter groß. Viele Regionen und Skigebiete hatten sich deshalb auf das "Worst-Case-Szenario" eingestellt und intensiv vorbereitet. Dementsprechend groß ist jetzt, am Ende des Winters, aber auch die Zufriedenheit über die Wintersaison 2021/2022.
„Eine emotionale und logistische Achterbahnfahrt“ – so beschreibt Antonia Asenstorfer vom Verband deutscher Seilbahnen und Marketing der Alpenplus Skigebiete die vergangene Skisaison. Grund dafür waren unter anderem die oft kurzfristig wechselnden Coronaregeln wie 3G, 2G oder 2Gplus. Alles in allem sei man aber froh, dass die Wintersaison überhaupt stattfinden konnte und auch die Wetterbedingungen gut waren, so Asenstorfer.
Jörg Peter Krebs, Direktor von Schweiz Tourismus Deutschland, berichtet ebenfalls von einer positiven Entwicklung. Die Bergbahnen in der Schweiz sprechen sogar von einem Plus von 10 Prozent im Vergleich zum Stand vor fünf Jahren, so Krebs. Die Schweizer Skigebiete hätten außerdem davon profitiert, dass hier bereits Mitte Februar nahezu alle Beschränkungen aufgehoben wurden (wir berichteten).
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„Der Winter lief besser als erwartet“, lautet auch das Fazit aus Südtirol von Martin Rabensteiner (IDM Südtirol-Alto Adige). Nach dem Total-Ausfall im letzten Winter sei man sehr froh gewesen, dass die Skigebiete überhaupt öffnen konnten. Lediglich Skigebiete, die sonst stark mit Bus- oder Schulreisegruppen arbeiten, hätten noch größere Ausfälle zu verzeichnen.
Auf dem Niveau von vor der Corona-Pandemie sei man allerdings noch nicht wieder angekommen. Reinhard Klier, Vorstandsvorsitzender Stubaier Gletscher, berichtete von einem Minus von 25 Prozent. Angesichts der Einbußen aus dem letzten Winter (-90%) sei das zwar eine positive Entwicklung, die Situation bleibe aber weiterhin herausfordernd. Man merke jedoch, dass die Nachfrage schnell wieder sehr hoch ist, sobald die äußeren Rahmenbedingungen passen.
Alternativen zu Alpin Ski immer stärker
Das bestätigten auch die Vertreter aus der Sportartikelindustrie. Sowohl Frank Geisler, Vorstand bei Intersport, und Frank Burig, Geschäftsführer bei Ziener, erleben eine hohe Nachfrage nach Wintersport-Produkten. Der alpine Bereich sei dabei weiterhin am stärksten, es gebe aber einen starken Zuwachs in alternativen Segmenten wie Langlauf oder Skitouren, so Geisler.
Dieser Trend macht sich auch in den deutschen Mittelgebirgen bemerkbar. Denn nicht nur Urlaub in Deutschland wurde durch die Pandemie beliebter, auch Winteraktivitäten abseits der Pisten stoßen auf immer größere Nachfrage. So bestehe eine große Anfrage nach niedrigschwelligen Angeboten wie Rodeln, Winter- oder Schneeschuhwandern, erklärt Stefan Ebert vom Regionalverbund Thüringer Wald. Michael Beckmann, Bürgermeister von Winterberg, sieht in diesen „Schneegästen“ ebenfalls ein großes Potenzial für den Wintersport.
Auch Johannes Albrecht, Bürgermeister von Feldberg, ist der Meinung, dass man sich für die Zukunft noch breiter aufstellen muss, um die rund 40.000 Fremdenbetten im Schwarzwald auch im Winter zu füllen. Dazu gehöre neben einer guten Infrastruktur und technischen Beschneiung auch ein vielseitiges Angebot aus Alpinsport, nordischem Sport, Loipenzentren und Schneeschuhwandern.
Zunehmende Digitalisierung
Ein weiterer Trend, der sich aus der Pandemie ergeben hat, ist die Digitalisierung in den Skigebieten. In der Schweiz erlebe man einen regelrechten Boom in der Digitalisierung, so Jörg Peter Krebs. Neben einem wachsenden Online-Ticketing Angebot werden auch in den Skigebieten immer mehr digitale Bezahlungssysteme genutzt.
In Deutschland ist der Onlinekauf von Skipässen ebenfalls keine Seltenheit mehr. Michael Beckmann berichtet, dass mithilfe des Online-Ticket-Systems eine Kontingentierung möglich war. So konnte der große Ansturm auf Winterberg gut auf die kleineren Skigebiete in der Umgebung verteilt werden. Auch am Feldberg habe sich das Online-Ticketing nach anfänglichen Schwierigkeiten gut entwickelt, bestätigt Bürgermeister Albrecht. Inzwischen seien auch Hotels in den Prozess eingebunden, sodass Gäste ihren Skipass direkt in der Unterkunft bekommen können.
Ausblick auf den nächsten Winter
Die Wintersport-Branche sieht sich also gut gewappnet für die Zukunft. Prof. Ralf Roth vom Institut für Outdoor Sport und Umweltforschung der Deutschen Sporthochschule Köln rechnet zwar auch im nächsten Winter wieder mit möglichen Einschränkungen, man habe aber in dieser Saison gelernt damit umzugehen. Das gilt sowohl für die Betreiber als auch für die Gäste. Für die Wintersaison 2022/2023 wünschen sich die Teilnehmer des Talks wieder mehr Normalität, weniger Einschränkungen, bessere Planungssicherheit und natürlich viel Schnee.
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Alle Redner der Konferenz: Thomas Ammer (TOC Agentur), Tobias Barnerssoi (ARD/BR), Stefan Schwarzbach (DSV), Prof. Hanns-Michael Hölz (Snowboard Germany), Prof. Dr. Ralf Roth (DSHS Köln), Frank Geisler (Intersport), Dr. Thomas Kemper (DB Fernverkehr AG), Antonia Asenstorfer (VDS & Alpenplus Skigebiete), Frank Burig (Ziener), Jörg Peter Krebs (Schweiz Tourismus), Martin Rabensteiner (IDM Südtirol-Alto Adige), Dirk Scheumann (Schneestern), Reinhard Klier (Stubaier Gletscher), Johannes Albrecht (Bürgermeister Feldberg), Stefan Ebert (Wintersport im Thüringer Wald), Michael Beckmann (Bürgermeister Winterberg), Florian Schmidt (DSV Magazin Ski & Berge), Viktoria Rebensburg (ehem. Skirennläuferin), Peter Schlickenrieder (ehem. Skilangläufer, Langlauf-Bundestrainer), André Höflich (Nationalteam Snowboard Germany)